verkehrte Welt –
richtige Welt
Liebe Schwestern und Brüder! Liebe Freunde!
Jesaja ist ein Prophet. Das heißt, er hält ganz
bewusst Ausschau nach Gott. Nun aber sieht er verkehrte
Welt. Die Starken – Wolf und Panther – suchen Schutz bei
den Schwachen - Lamm und Böcklein. Für die sind sie
eigentlich eine Gefahr. Jetzt aber bieten die sonst
Gefährdeten den sonst Gefährlichen Schutz und Ruhe.
Zu Weihnachten, wenn wir ein wenig gerührt sind, lassen
wir uns das gefallen. Eine echte, auch heute noch wahre
Sehnsucht nach Frieden fasst Jesaja in Worte. Aber mit
unserer Wirklichkeit hat sie nichts zu tun. Dabei hat
Jesaja Gewalt und Krieg, die Macht des Stärkeren und die
Gefahr für die Schwachen viel unmittelbarer erlebt als
wir. Lange Zeit war Krieg und Vertreibung in seiner
Heimat. Worauf will Jesaja also hinaus? Er beschriebt
genau. Der Wolf, schreibt er auf, sucht Asyl beim Lamm.
Er ist also der Vertriebene und das Lamm hat eine Heimat
und Schutz und kann helfen. Der Panther übt sich darin,
Schaf zu sein, sich dem jungen Schafbock anzupassen. Er
verlässt also das typisch Raubtierhafte und lernt vom
Schaf, wie das Leben auch sein kann. Und der Löwe nimmt
sich ein Beispiel am Kalb und wartet, bis ein kleiner
Junge ihn auf die Weide führt. Jesaja beschreibt
genau, wie das geht, dass die Starken schwach werden,
die Gefährlichen ihre Gefährlichkeit ablegen. Sie
orientieren sich an den Schwachen und Gefährdeten. Und
die können aus eigener Erfahrung die beste Hilfe dabei
sein. Sie wissen, wie es sich anfühlt, Schutz zu
brauchen und Angst zu haben
Den Schwachen ist die
besondere Stärke gegeben, um Hilfe zu bitten und sich
helfen zu lassen.
Der Prophet
Jesaja hält Ausschau nach Gott. In diesem konkreten Fall
sieht das so aus: Er fragt nach Starken, die sich
trauen, ihre Schwäche zuzugeben und sich helfen zu
lassen. Er sucht nach Schwachen, die den Starken dabei
helfen, nicht mehr Gefährlich sein zu müssen. Von mir
weiß ich, dass ich beides brauche. Manchmal muss ich
aufhören, Stärke zu markieren. An anderer Stelle, kann
ich mit meiner Schwäche dafür bereitstehen, dass andere
schwach sein dürfen. Von Jesaja lerne ich, in meinem
Verhalten Ausschau nach Gott und seinem Frieden zu
halten. Ganz in diesem Sinne wünsche ich Ihnen und
euch eine friedensvermehrende und wunderbar verwandelnde
Adventszeit. Wir bewegen uns ja auf das Weihnachtsfest
zu, zu dem es heißen wird »Frieden auf Erden.«
Es grüßt Sie und euch herzlich Eric Söllner
|
Pastor
Eric Söllner |